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Geburtsvorbereitung für Männer – ein Erfahrungsbericht

Erfahrungsbericht von Dr. Richard Schneebauer

 

„Wir sind schwanger“, ein durchaus üblicher Satz aus dem Mund werdender Väter, zeigt wie sehr Männer sich heute gedanklich und emotional mit der Schwangerschaft und dem eigenen Vater werden beschäftigen, wie nahe ihnen das ganze geht.

Die Begleitung zur Geburt ist für die meisten Männer selbstverständlich und auch zum Geburtsvorbereitungskurs gehen viele zumindest teilweise mit. So auch ich und es war gut so. Ich fühlte mich tatsächlich besser vorbereitet, hatte ein paar Dinge gelernt, wie ich meiner Frau im entscheidenden Moment besser helfen konnte und hatte etwas mehr an Sicherheit für die bevorstehende Geburt gewonnen.

Trotzdem war es eigenartig dabei zu sein, nicht wegen der doch klaren Unterzahl an Männern, sondern wegen des nicht direkt „angesprochen werdens“. Ich war als Mann bei einer klaren Frauensache dabei, sollte in den Bauch zum Baby atmen, wo ich doch keines in mir hatte. Das alles war komisch. Weil ich schon damals beruflich vorwiegend Männer beraten und erforscht hatte, wurde es mir ein Anliegen, einen speziellen Teil der Geburtsvorbereitung für Männer anzubieten. Das gab es scheinbar nicht und das musste her.

 

Geburtsvorbereitung für Männer

In meiner Heimatstadt fanden sich schnell aufgeschlossene Hebammen und so gelang der Start mit einem speziellen Abend für Männer, innerhalb eines etablierten Geburtsvorbereitungskurses. Ein aufgeschlossenes Krankenhaus lud mich ein, innerhalb des Informationsabends für werdende Eltern einen Vortrag zu halten. Auch dort teilten wir die Männer von den Frauen, mit dem Ergebnis, dass für beide Seiten eine intensivere Auseinandersetzung möglich war. Die Hebamme berichtete von offeneren Fragen der Frauen, und ich erlebte wie aus einem Vortrag eine interessante Frage – Antwort Situation, mit unterschiedlichen Wortmeldungen wurde.

Beide Angebote sind seither fester Bestandteil der jeweiligen Einrichtungen. Viele Männer lachen zu Beginn herzlich bei der Frage „Bei wem hat nicht die Frau gesagt, morgen Abend ist Geburtsvorbereitungskurs und du fährst mit?“ und gestehen, dass sie eigentlich gar nicht wussten, was da auf sie zukommt. Umso überraschter und zufriedener gehen die meisten nachhause, wenn sie merken, dass es hier um sie als Mann und werdenden Vater geht.

Das reizvolle am Krankenhausabend ist für mich, dass fast jeder Mann im Umkreis, der Vater wird, seine Partnerin dorthin begleitet und ich die Möglichkeit habe, die unterschiedlichsten Männer mit dem zu konfrontieren, was auf sie bei der Geburt und der Zeit danach zukommt. Die meisten verstehen danach, dass es sich nicht um ein sozialromantisches „wir wollen so liebevolle Väter werden“ handelt, sondern um eine echte Lebensberatung. Der Umgang mit den behandelten Themen entscheidet nämlich darüber, wie sie in der Zukunft ihre beruflichen, privaten und persönlichen Ziele leben können. Denn wer steht in dieser Zeit nicht vor der Frage, wie er als Vater sein will, wie er die Balance aus Beruf, Freizeit und Familie schafft, wie sich die Partnerschaft entwickelt und was er beitragen kann, damit sie gelingt?

Nachgewiesenermaßen stellen sich hier die Weichen, die über den Grad an väterlichem Engagement und damit über die Qualität der Beziehung zum Kind und zur Partnerin entscheiden. Und wer zweifelt heute noch, dass das Auswirkungen auf die berufliche Belastbarkeit hat? Wenn der eine oder andere Teilnehmer besser auf die Geburtssituation vorbereitet ist und im Nachhinein offener für eine männliche Form der Beratung und Bildung ist, hat es sich für ihn gelohnt.

 

Autor: Dr. Richard Schneebauer

Fotocredit: George Rudy; Lopolo/Shutterstock.com

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