„Unser Körper gibt uns Signale – wir haben nur verlernt, sie zu deuten“, meint Melanie Gabriel. Müdigkeit, Gereiztheit, dauerhafte Erschöpfung – viele Mütter erleben diese Symptome im Alltag, ohne sie ernst zu nehmen. „Das gehört eben dazu“, heißt es oft. Doch was, wenn diese Anzeichen nicht einfach Teil des Mutterseins sind, sondern Hinweise auf einen tieferliegenden Mangel? Die Gesundheitsmentorin Melanie Gabriel spricht über die stille Rolle von Mikronährstoffen, warum selbst sportliche, bewusste Frauen unterversorgt sein können – und wie Frauen lernen, wieder auf ihren Körper zu hören. Ein Gespräch über Zellgesundheit, Selbstfürsorge und den Mut, Symptome nicht länger zu ignorieren.
Melanie, du warst sportlich aktiv und gesundheitsbewusst – was hat dich dennoch dazu gebracht, dich intensiver mit dem Thema Nährstoffe zu beschäftigen?
Das kam tatsächlich über einen Umweg – nicht über mich selbst, sondern durch meinen Partner. Er hatte gesundheitliche Probleme: schlechter Schlaf, starkes Schwitzen in der Nacht, eine diagnostizierte Bandscheibenproblematik. Das hat mich damals wirklich wachgerüttelt. Ich habe begonnen, mich intensiv mit Gesundheit zu beschäftigen – vor allem mit der Leber- und Darmgesundheit. Und weil ich zu dem Zeitpunkt selbst schwanger war, habe ich begonnen, präventiv zu supplementieren. Das wird ja ohnehin von den meisten Frauenärzt:innen empfohlen. Aber ich wollte es richtig machen. Was mich rückblickend erschreckt: Ich hatte selbst schon Symptome, die ich gar nicht als solche erkannt habe. Ich dachte einfach, ich funktioniere halt ein bisschen schlechter. Aber dass mein Körper mir mit kleinen Signalen schon gezeigt hat, dass er unterversorgt ist – das hab ich erst viel später verstanden.
Gab es denn konkrete Beschwerden bei dir, die dir im Nachhinein als Warnsignale erscheinen?
Ja, definitiv. Ich hatte nach dem Absetzen der Pille große Probleme mit meiner Haut. Mein Nervenkostüm war richtig dünn – ich hatte jeden Abend beim Einschlafen ein Gedankenkarussell. Auch ein Tinnitus hat sich eingeschlichen. Und dann kam 2021 eine OP wegen eines auffälligen Krebsabstrichs dazu. Was mir heute so wichtig ist: Diese Dinge – schlechter Schlaf, Migräne, Verdauungsprobleme, ständige Infekte – das sind keine Nebensächlichkeiten. Das sind Hinweise. So wie im Auto die roten Warnlämpchen aufleuchten, wenn was nicht stimmt. Wir Menschen haben nur leider verlernt, auf diese Signale zu hören – oder sie überhaupt ernst zu nehmen. Stattdessen wird viel zu schnell ein Medikament verschrieben, dabei gäbe es oft andere Wege.
Warum ist gerade in der Schwangerschaft und Stillzeit eine gute Mikronährstoffversorgung so entscheidend?
Weil der Körper in dieser Zeit einfach unglaublich viel leistet. Du gibst so viel – an dein Kind, an den Alltag, an alle um dich herum. Und dabei verbrauchst du natürlich auch viel mehr. In der Schwangerschaft und Stillzeit ist der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß und Fettsäuren massiv erhöht. Und ehrlich gesagt: Die meisten Mamas wissen gar nicht, wie leer ihre Speicher wirklich sind. Ein Beispiel: Q10 – ein ganz zentraler Nährstoff für unsere Zellen. Ich habe bei mir und vielen anderen Frauen erlebt, dass nach der zweiten oder dritten Schwangerschaft Q10 praktisch aufgebraucht ist. Kein Wunder also, dass sich viele ausgelaugt fühlen. Ich sag immer: Es liegt oft nicht daran, dass du zwei oder drei Kinder hast – sondern daran, dass dein Körper auf Reserve läuft. Ich selbst habe schon in der Schwangerschaft begonnen, gezielt zu supplementieren – und ehrlich: Ich hatte keine typischen Beschwerden. Keine Stillprobleme, keine extreme Erschöpfung. Ich glaube fest daran, dass das kein Zufall war.
Gibt es bestimmte Nährstoffe, auf die Schwangere besonders achten sollten?
Ja, einige sind besonders wichtig. Folsäure ist natürlich ganz zentral – sie hilft beim Zellwachstum und kann Fehlbildungen vorbeugen. Dann Omega-3-Fettsäuren: Die sind für die Entwicklung des Gehirns und der Augen des Babys essenziell und wirken außerdem entzündungshemmend. Aminosäuren, also Eiweiß, sind ebenfalls wahnsinnig wichtig – für den Aufbau der Organe, Muskeln, Blut, Plazenta. Und nach der Geburt auch für die Rückbildung, Wundheilung und Muttermilchproduktion. Aber auch fürs Nervensystem und die Hormonregulation. Man merkt: Es geht hier nicht um irgendein „Extra“, sondern um die Basis, auf der alles läuft.
Welche Warnsignale sollte man als Mutter oder Schwangere ernst nehmen?
Die typischen Symptome sind eigentlich bekannt: Müdigkeit, Erschöpfung, Krämpfe, Infekte, Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme – und ja, auch die berühmte „Stilldemenz“. Viele halten das für normal. Aber normal heißt nicht gesund.Ich bin der Meinung: Wenn du regelmäßig solche Symptome hast, dann lohnt es sich, genauer hinzusehen. Es gibt die Möglichkeit, gezielte Nährstoffanalysen zu machen – und das würde ich wirklich jeder Frau empfehlen. Am besten bei jemandem, der sich auskennt: Heilpraktiker:innen oder spezialisierte Ernährungsberater:innen.
Was kann man tun, um im Mama-Alltag besser für sich zu sorgen?
Erstens: Die Symptome ernst nehmen. Und dann kleine, machbare Schritte gehen. Ich empfehle oft Nüsse – die geben schnell Energie und sind super für unterwegs. Aber realistischerweise: Viele haben keinen Nerv, den kompletten Alltag umzukrempeln. Da sind Supplemente einfach die praktischste Lösung. Sie helfen schnell und zuverlässig – und man kann trotzdem Stück für Stück an der Ernährung arbeiten. Es muss nicht perfekt sein. Aber es sollte bewusst sein.
Was würdest du Frauen raten, wenn sie das Gefühl haben, etwas stimmt nicht – obwohl medizinisch alles „in Ordnung“ scheint?
Dann ist es Zeit, deinem Bauchgefühl zu vertrauen. Schreib auf, was du spürst. Hol dir eine zweite oder dritte Meinung. Und vor allem: Lass dir nicht einreden, dass das alles „dazugehört“. Ja, Schwangerschaft ist anstrengend – aber wenn du dich richtig schlecht fühlst, dann stimmt meistens wirklich was nicht. Und dann hast du jedes Recht, dem auf den Grund zu gehen.
Zum Schluss: Gibt es eine persönliche Erfahrung, die dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Ja, mehrere. Ich selbst habe das Faktor-V-Leiden – eine vererbte Gerinnungsstörung. Das erhöht das Risiko für Thrombosen, vor allem in der Schwangerschaft. Ich habe deshalb ganz bewusst Omega-3 supplementiert – das wirkt ja leicht blutverdünnend. Natürlich in Rücksprache mit Ärzt:innen. Und dann gibt’s Fälle, die mich einfach berühren: Ein Baby mit Herzfehler, bei dem sich durch gezielte Nährstofftherapie eine OP erübrigt hat. Oder mein eigener Sohn – vier Jahre alt, war bisher kaum krank. Kein Bauchweh, keine Koliken, keine Zahnungsschmerzen. Ich glaube, wenn Kinder in einem versorgten Körper aufwachsen dürfen, ist das ein echtes Geschenk.
Über Melanie Gabriel
Melanie Gabriel ist Expertin für Frauengesundheit mit dem Fokus auf Mikronährstoffe rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft und Mama-Alltag. Nach eigenen gesundheitlichen Erfahrungen unterstützt sie heute Frauen im DACH-Raum dabei, Warnzeichen des Körpers früh zu erkennen und aktiv gegenzusteuern – auf Basis von Mikronährstoffmedizin, Alltagserfahrung und körperbewusster Selbstverantwortung.
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