inkontinenz

Inkontinenz nach Schwangerschaft

Unter dem Begriff der Inkontinenz versteht man, ganz allgemein, einen unfreiwilligen Verlust von Harn oder Stuhl. Dabei sollte aber unterschieden werden, in welcher Form sich dieser Verlust äußert.

 

Formen der Inkontinenz

Die häufigsten Formen der Harninkontinenz sind die Belastungs- oder Stressinkontinenz, bzw. die Form der Dranginkontinenz. Der Begriff „Stressinkontinenz“ ist nicht sehr glücklich gewählt, da der Laie darunter meist eine zusätzliche psychische Komponente als Ursache versteht. Der Begriff „Stress“ gibt in diesem Fall aber lediglich den „Stress auf die Blase“, bei Durckerhöhungen von oben, wie Husten oder Niesen, an. Belastungs- oder Stressinkontinenz ist also gekennzeichnet als Harnverlust bei Druckerhöhung von „oben“.

 

Die häufigsten Auslöser von Inkontinenz sind:

  •  Husten
  •  Springen
  •  Trampolin hüpfen
  •  Niesen
  •  Laufen

Dranginkontinenz ist gekennzeichnet durch die Erkenntnis, dass sich ständig die Blase zur Entleerung „anmeldet“, also einen imperativen Harndrang vortäuscht, dann aber auf der Toilette nur wenig Harn abgibt, bzw. die Toilette nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Dabei ist eine Blasenentzündung immer auszuschließen.

Bei der Behandlung ist auf die verschiedenen Inkontinenzen immer individuell einzugehen. Die Strategien sind verschieden, weil ja die Ursachen auch völlig konträr sind. In der Rückbildungsgymnastik „trifft“ man auf beide Formen. Deswegen sollten auch Strategien für beide Formen angeboten werden, bzw. entsprechend „schwere Formen“ zur individuellen Physiotherapie geschickt werden.

Bei den Ursachen der Inkontinenz werden verschiedene Ansätze immer wieder erwähnt, welche sich auch in den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema zeigen:

An erster Stelle stehen meist Geburten „großer“ Kinder. Dabei wird häufig nicht unterschieden, ob es sich hier um gewichtsmäßig große Kinder handelt oder der Kopfumfang das entscheidende Kriterium ist. Aus meiner praktischen Erfahrung in der Rehabilitation, zeigt sich eher, dass weder das Gewicht, noch der Kopfumfang des Kindes, das entscheidende Kriterium für oder gegen eine später auftretende Inkontinenz darstellt, sondern der Verletzungsgrad der Beckenbodenmuskulatur. Frauen mit post-partal intaktem Beckenboden (kein oder nur geringer Dammriss, kein Schnitt) können ihren Beckenboden viel eher wieder spüren und aktivieren und diese gut und harmonisch funktionierende Muskulatur hilft entscheidend, die Kontinenz zu sichern.

Vor allem bei einem Dammschnitt geht Muskelgewebe für immer verloren. Es bildet sich an der Stelle des Schnittes im Muskel eine Narbe aus Bindegewebe. Das kommt in etwa einem Muskelfaserriss in jeder anderen Muskulatur gleich. Bei der Wadenmuskulatur kann man das daraus entstehende Defizit beispielsweise an der Sprungkraft sehen. Bei der Beckenbodenmuskulatur bleibt so eine Verletzung meist im Verborgenen. Die Inkontinenz kann aber ein sehr unangenehmer Begleiter sein.

 

Weitere Ursachen von Inkontinenz können sein:

  •  Genetisch
  •  Allgemeine Bindegewebsschwäche
  •  Übergewicht
  •  Chronische Atemwegserkrankungen
  •  Schwangerschaft
  •  Psyche

 

Beckenboden wichtiger Faktor bei Inkontinenz in der Schwangerschaft

Bei der Ursache Schwangerschaft ist relativ einfach erklärt, wie eine Inkontinenz entstehen kann: Der hohe Druck durch das Kind im Bauch, von oben auf den meist schwachen Beckenboden, kann von diesem nicht in ausreichendem Maße abgefangen werden. Die Schließmuskeln öffnen ungewollt, wenn sich der Druck durch Niesen, Husten, usw. von oben verstärkt. Die hormonelle Situation der Schwangeren (Zweck ist es, weiches Gewebe für die Geburt zu schaffen), macht den Beckenboden auch nicht stärker und damit belastbarer.

Außerdem ist die „Druckübertragung“ des Zwerchfelles auf den Beckenboden, durch die veränderte Haltung, nicht günstig. Ähnliches gilt auch für die Ursache „Übergewicht“…

Die allgemeine Bindegewebsschwäche macht vor dem Beckenboden auch nicht halt. Das ist leider genetisch bedingt; dagegen kann man nur bedingt Maßnahmen setzen. Als guter Stabilisator des Bindegewebes gilt vor allem Vitamin C.

Die chronischen Atemwegserkrankungen sind auch als Ursache der Inkontinenz nicht zu unterschätzen. Das Zwerchfell leistet dann meist keine gute Druck- und Sogarbeit auf den Beckenboden. Der Beckenboden hat also nicht die Möglichkeit bei jedem Atemzug mitzuschwingen und das lässt ihn unelastisch und schwach werden.

Als kleine Anmerkung sollte hier noch der viel gepriesene Kaiserschnitt als „Präventionsmaßnahme gegen Inkontinenzen“ erwähnt werden: Frauen, die einen Kaiserschnitt als Geburtsform erleben (müssen), haben auch eine Schwangerschaft hinter sich und gehen ebenfalls mit einem individuell verschiedenen Bindegewebsstatus durch das Leben. Auch schützt ein Kaiserschnitt nicht vor den anderen beschriebenen Ursachen, wie Übergewicht, Psyche und chronischen Atemwegserkrankungen.

In meiner Praxis gibt es Frauen nach Kaiserschnittentbindungen, die Inkontinenzprobleme angeben und da bin ich sicherlich nicht die einzige Fachperson, die solches erlebt. Hätte ja fast vergessen zu erwähnen, dass auch eine gute, koordiniert arbeitende, Bauchmuskulatur hilft, den Beckenboden zu stabilisieren, und da haben die Frauen nach einer Kaiserschnittentbindung bestimmt keinen Vorteil!

 

Autor: Monika Siller

Fotocredit: GBALLGIGGSPHOTO; A StockStudio/Shutterstock.com

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